Interview mit Willi Rempel

  • Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Digitalisierung der Lernprozesse in der betrieblichen Ausbildung?
    Mit Abstand die größte Herausforderung nach der Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur ist die Analyse der bestehenden, analogen Lernprozesse sowie die Weiterentwicklung bzw. der Transfer dieser in die digitale Form. Da neue (digitale) Methoden und Medien dabei wenig Berücksichtigung finden, führen diese auch selten zu dem erhofften Erfolg.
  • Welche Erfolgsfaktoren und Strategien haben sich in der Praxis als besonders effektiv erwiesen?
    Nach 9 Jahren Consulting und Sales in diesem Bereich, ist meiner Erfahrung nach die wichtigsten Erfolgsfaktoren die Offenheit und die Motivation der Anwender der Technologie zur Gestaltung von digitalen Lernprozessen. Diese entstehen aus dem gewünschten oder angestrebten Nutzen für den Lernbegleiter, was letztendlich Kern einer jeden Strategie sein sollte. Der Nutzen sollte zu Beginn bereits definiert werden und alle Handlungen und Aktivtäten sind darauf auszurichten und ggf. anzupassen!
  • Wie messen Sie die Effizienz der digitalen Transformation in der betrieblichen Ausbildung?
    Die Zeit ist eine gute Einstiegsmesseinheit, die die Effizienz aber sehr gut auf den Punkt bringt. Bei einer Standard-Lernzielkontrolle, Beispiel eines Kunden, mit ca. 20 Fragen und mehreren Fragetypen (Singlechoise, Lückentext, usw.) Fachbereich unabhängig, lag die Dauer der Korrektur durchschnittlich bei 8-13 Minuten (durchschnittlich 11 Minuten) pro analogen Test. Bei 10 Lernenden macht das einen Korrekturaufwand von 110 Minuten also 1 Stunde 50 Minuten aus. Die gleiche Lernzielkontrolle mit den gleichen Fragetypen, jedoch digital aufgearbeitet und vorbereitet bedarf einem Korrekturaufwand von 1-3 Minuten (Durchschnittlich 2 Minuten) pro digitalen Test. Bei 10 Lernenden erhalten wir einen Korrekturaufwand von durchschnittlich 20 Minuten. Dies ist möglich durch die Verwendung von automatisiert oder teilautomatisiert auswertbaren Fragetypen in Lernmanagementsystemen. Unterm Strich, eine enorme zeitliche Entlastung des Lernbegleiters.
  • Wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden die notwendigen digitalen Kompetenzen erwerben?
    Um diesen Kompetenzerwerb sicherzustellen müssen Unternehmen nur zwei Punkte erfüllen:
      • Die notwendigen Schulungen zur Technologie und den digitalen Methoden anbieten. Intern oder extern spielt keine Rolle, sie sollten auf jeden Fall den Anforderungen der definierten Strategie entsprechen.
      • Mindestens genauso wichtig ist es, den Mitarbeitern auch die Möglichkeit zu geben, neue Inhalte und neue Methoden auszuprobieren und anzuwenden, auch mal außerhalb des Tagesgeschäfts durch koordinierte Freiplanung für Entwicklungs- und Optimierungsarbeiten an digitalen Lernprozessen.
  • Welche langfristigen Auswirkungen erwarten Sie von der digitalen Transformation auf die betriebliche Ausbildung und die Industrie insgesamt?
    Da sehe ich eine Perspektive für die Zukunft, die den Weg ganz gut beschreibt: Die Industrie insgesamt setzt nun mal die Anforderungen an die betriebliche Ausbildung, weil diese schließlich auch der Endkunde der betrieblichen Ausbildung ist. Das heißt, die technologischen Veränderungen in der Industrie bringen diese Veränderungen langfristig und mit einer schwer definierbaren zeitlichen Verzögerung auch in die betriebliche Ausbildung. Je digitaler die Industrie, desto digitaler die betriebliche Ausbildung!

Willi Rempel

Willi Rempel ist schon seit 2010 in der beruflichen Bildung tätig und seit 2015 als Berater, Projektmitarbeiter, Projektleiter, Trainer für Multiplikatoren und z.Z. Sales Manager bei der Nachwuchsstiftung Maschinenbau in den Bundesländern NRW, Niedersachsen und Hessen als Ansprechpartner für ausbildende Unternehmen mit der Intention zur Weiterentwicklung ihrer Ausbilder: innen und der Ausbildungsbeauftragten in fachbezogenen, technologischen und methodischen Kompetenzen sowie Begleiter und Experte zur digitalen Transformation der praxisorientierter Lerninhalte, angelehnt an individuelle Unternehmensanforderungen mittels der MLS-Plattform.

Seine Aktivitäten und Erfahrungen und teilt er mit und entwickelt diese zugleich weiter, aus einem aktiven Kundenstamm von aktuell 125 Unternehmen.

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