Internationale Azubis gewinnen: Das ist das Trend-Thema der Woche und für viele Ausbildungsverantwortliche und HR-Profis hoch spannend. Mit dem reformierten Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2024 eröffnen sich neue Wege, Nachwuchs aus Drittstaaten erfolgreich zu rekrutieren und zu integrieren. Doch wie kann man diese Möglichkeiten optimal nutzen?
Chancenkarte: Ein Punktesystem für den Nachwuchs von morgen
Seit dem 1. Juni 2024 ist die Chancenkarte das Herzstück der neuen Regelungen. Sie arbeitet mit einem Punktesystem, das es Fachkräften aus Drittstaaten ermöglicht, nach Deutschland einzureisen und sich vor Ort eine Ausbildungsstelle oder einen Arbeitsplatz zu suchen. Kriterien wie Qualifikation, Deutschkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug spielen eine entscheidende Rolle.
Ein klarer Vorteil: Die Chancenkarte erlaubt es den Bewerbern, während der Suchphase Nebenbeschäftigungen und Praktika zu absolvieren. Dies erleichtert den Einstieg ins Berufsleben erheblich, selbst wenn noch kein Arbeitsvertrag vorliegt.
Erleichterter Zugang für Auszubildende
Eine weitere Neuerung seit März 2024 ist der vereinfachte Zugang für ausländische Auszubildende. Die Anerkennung von Berufsqualifikationen erfolgt nun deutlich schneller. Zudem gibt es erleichterte Aufenthaltsmöglichkeiten für Personen, die ihre Berufsausbildung in Deutschland absolvieren oder ihre Qualifikation anerkennen lassen wollen.
Während der Ausbildungsqualifizierung dürfen sie bereits arbeiten, was den praktischen Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt fördert. Ein befristetes Modell erlaubt es Unternehmen sogar, bis zu acht Monate ausländische Azubis sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen, solange sie tarifgebunden sind. Für das Jahr 2024 ist das Kontingent auf 25.000 Personen festgelegt.
Fast-Track-Verfahren: Beschleunigung in der Verwaltung
Das “Fast-Track-Verfahren” wurde ebenfalls optimiert, um die Bearbeitungszeiten bei Visumserteilungen und der Anerkennung von Abschlüssen zu verkürzen.
Ausbildungsverantwortliche können dieses Verfahren aktiv nutzen, indem sie bei den zuständigen Ausländerbehörden Anträge stellen und die Bewerberdokumentation intensiv begleiten. Ein oft notwendiges Kriterium: Ein vorliegendes Ausbildungs- oder Arbeitsplatzangebot.
Integration: Sprachliche und kulturelle Vorbereitung
Die Integration der internationalen Azubis beginnt schon im Heimatland. Sprachkenntnisse, idealerweise auf Niveau B1/B2, sind ein zentrales Kriterium der Chancenkarte und werden durch Förderprogramme unterstützt.
Unternehmen wird empfohlen, gezielte Onboarding- und Integrationskonzepte zu entwickeln (wie sie im Artikel über Hybrid Onboarding & Remote-Ausbildung beschrieben werden), um kulturelle Unterschiede zu überbrücken und die Bindung der Azubis zu stärken – ein Ansatz, der auch in Inclusive Recruiting & Ausbildung 360° vertieft wird.
Verwaltung und Fördermöglichkeiten: Frühzeitiges Handeln zahlt sich aus
Die Recruiting- und Visaverfahren erfolgen oft in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und den deutschen Auslandsvertretungen. Wichtig ist eine frühzeitige Antragstellung, in der Regel drei bis sechs Monate im Voraus.
Förderprogramme können helfen, die Kosten für Sprachkurse, die Anerkennung von Abschlüssen oder das Onboarding zu senken.
Praktische Empfehlungen für Ausbildungsverantwortliche
Um die neuen Möglichkeiten der Chancenkarte und des Fast-Track-Verfahrens optimal zu nutzen, sollten Ausbildungsverantwortliche proaktiv vorgehen. Transparente Abläufe und die Benennung von Ansprechpartnern für die Verwaltung und Behörden sind essenziell.
Ebenso wichtig ist die frühzeitige Planung von Programmen zur sprachlichen und interkulturellen Integration. Die neuen gesetzlichen Spielräume, wie die vorübergehende Beschäftigung und die erleichterte Anerkennung, sollten im Recruiting gezielt genutzt werden.
Fazit
Mit der vollständigen Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes 2024 steht Unternehmen und Ausbildungsverantwortlichen nun ein flexibleres und schnelleres Instrumentarium zur Verfügung, um Nachwuchs aus Drittstaaten gezielt zu gewinnen, rechtssicher zu beschäftigen und nachhaltig zu integrieren.
Die Chancenkarte, der erleichterte Zugang für Azubis und das Fast-Track-Verfahren bieten vielfältige Möglichkeiten, internationale Talente erfolgreich in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Wer diese Potenziale erkennt und geschickt nutzt, hat die Nase vorn im Wettbewerb um die Fachkräfte von morgen.
FAQ
- Was ist die Chancenkarte und wie funktioniert sie?
- Die Chancenkarte ist ein Punktesystem, das Fachkräften aus Drittstaaten die Einreise nach Deutschland ermöglicht, um vor Ort eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle zu suchen. Sie berücksichtigt Qualifikation, Deutschkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug.
- Welche Vorteile bietet das Fast-Track-Verfahren für Ausbildungsverantwortliche?
- Das Fast-Track-Verfahren beschleunigt die Bearbeitung von Visa und Anerkennungen. Ausbildungsverantwortliche können aktiv Anträge stellen und die Bewerbungsprozesse begleiten, was den Zugang zu internationalen Talenten erleichtert.
- Wie unterstützt die Integration sprachliche und kulturelle Vorbereitung?
- Sprachkenntnisse auf Niveau B1/B2 sind ein zentrales Kriterium und werden gefördert. Unternehmen sollten Onboarding- und Integrationskonzepte entwickeln, um kulturelle Unterschiede zu überbrücken und die Bindung der Azubis zu stärken.
- Was sollten Ausbildungsverantwortliche bei der Nutzung der neuen Gesetzesregelungen beachten?
- Eine frühzeitige Antragstellung, proaktive Kommunikation mit Behörden und die Planung von Integrationsprogrammen sind entscheidend. Die gesetzlichen Spielräume, etwa die befristete Beschäftigung und erleichterte Anerkennung, sollten aktiv genutzt werden.