Im Rahmen des Deutschen Ausbildungsleitungskongresses freuen wir uns, Ihnen ein exklusives Interview mit Lisa Kühn, der Gründerin von AZUBeasy, präsentieren zu können. Frau Kühn ist eine anerkannte Expertin im Bereich der Ausbildung und Personalentwicklung. In ihrem Vortrag wird sie auf die veränderten Bedürfnisse und Erwartungen von Auszubildenden eingehen und erläutern, warum Wertschätzung heute wichtiger denn je ist. Vorab haben wir die Gelegenheit genutzt, um mit ihr über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse zu sprechen. Lesen Sie weiter, um spannende Einblicke in dieses aktuelle und wichtige Thema zu erhalten.
Frau Kühn, Ihre eigene Ausbildung im Hotel war alles andere als geradlinig. Welche spezifischen Erfahrungen haben Sie dazu inspiriert, AZUBeasy zu gründen und sich der Unterstützung von Auszubildenden zu widmen? Ich selbst habe in meiner Ausbildung den Betrieb gewechselt. Diese Zeit war für mich sehr herausfordernd, weshalb ich mich auch sehr gut in Auszubildende hineinversetzen kann, die Probleme mit ihrem Betrieb haben. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass die Anerkennung von Auszubildenden einfach immer noch viel zu gering ist – vor allem im Vergleich zu Studierenden. Es sagen einfach immer noch zu viele junge Menschen, dass sie „nur“ eine Ausbildung machen, das ist ein großes gesellschaftliches Problem. Außerdem fehlt jungen Leuten oftmals das Basic-Wissen für ihren Azubialltag. Und genau dem möchte ich entgegenwirken, weshalb ich mich Ende 2021 dazu entschieden habe, Auszubildende bei ihrer Ausbildung zu unterstützen, und habe AZUBeasy gegründet. Dabei handelt es sich um einen Blog, Podcast und ein E-Learning speziell für Auszubildende aus allen Branchen und Lehrjahren.
Was sind, Ihrer Meinung nach, die größten Unterschiede in den Bedürfnissen und Erwartungen von Auszubildenden heute im Vergleich zu vor einigen Jahren?
Die Bedürfnisse haben sich im Großen und Ganzen gar nicht so drastisch verändert. Vielen jungen Leuten sind heute immer noch ein sicherer Arbeitsplatz oder ein gutes Gehalt wichtig. Werte wie die Sinnhaftigkeit hinter dem Job oder die Wertschätzung am Arbeitsplatz nehmen vermehrt zu. Die Erwartungen sind dahingehend eben auch andere, wie vor einigen Jahren. Denn Azubis sind heute nicht mehr bereit die billige Hilfskraft zu sein, die alle Arbeiten erledigt, auf die die anderen keine Lust haben – dafür ist die Auswahl am Arbeitsmarkt einfach zu groß! Ich begrüße diese Entwicklung sehr und finde es toll, wenn Auszubildende für ihre Rechte einstehen und dadurch eine bessere Ausbildung genießen können.
Wie sammeln Sie in Ihrer Azubi-Community Feedback und welche überraschenden Erkenntnisse haben Sie daraus gewonnen?
Ich bin tagtäglich mit den Azubis aus meiner Community im Austausch, sowohl über Social Media, über WhatsApp, über Telefonate oder über den direkten Kontakt. Es ist mir sehr wichtig zu wissen, wie es den Azubis aktuell geht und was bei ihnen aktuell ansteht, welche Herausforderungen sie aktuell haben oder welche Erfolge sie feiern können. Leider gibt es auch heute immer noch häufig Nachrichten von Azubis, in denen sie mir erzählen, dass sie am Arbeitsplatz vom Kollegium oder den Vorgesetzten gemobbt werden oder, dass sie den Betrieb wechseln möchten, weil sie eben nur die billige Arbeitskraft sind. Das ist eine leider nicht wirklich überraschende Erkenntnis, zumindest für mich. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Unternehmen sich vor solchen Erkenntnissen nicht verstecken, sondern an sich arbeiten.
Frau Kühn, was wird Ihrer Meinung nach am häufigsten übersehen, wenn es um die Wertschätzung von Auszubildenden geht, und warum ist es so wichtig, gerade diesem Aspekt mehr Aufmerksamkeit zu schenken?
Genau darauf werde ich in meinem Vortrag auf dem DALK näher eingehen, weshalb ich hier nicht zu viel vorwegnehmen möchte. Doch so viel sei schon mal gesagt: die Arbeit auf Augenhöhe und die Kommunikation untereinander sind wichtiger, als vielen Mitarbeiter*innen in den Betrieben überhaupt bewusst ist.
Wie können Unternehmen und Ausbildende konkret dazu beitragen, dass sich Auszubildende wertgeschätzt fühlen?
Es geht nicht darum, dass Betriebe den Azubis viele extra Boni oder einen Firmenwagen o.ä. bezahlen, es geht hier viel mehr um die kleinen Dinge im Alltag. Natürlich beschwert sich kein Azubi, wenn Weihnachts- und Urlaubsgeld oder einen Fahrtkostenzuschuss ausgezahlt wird. Doch am Ende des Tages geht es viel mehr um das Miteinander in der täglichen Arbeit zwischen den Führungskräften, den Mitarbeitenden und den Azubis. Aber dazu dann bald mehr in meinem Vortrag.
Und abschließend, welche Frage sollte sich jede ausbildende Person zu Arbeitsbeginn stellen?
Es gibt für mich nicht die eine Frage. Meiner Meinung nach sollten sich Ausbilderinnen und Ausbilder vielmehr täglich in der Arbeit hinterfragen, wie es ihren Azubis geht, was man besser machen könnte, wie man mit den Azubis kommuniziert und wie das Gesamtkonstrukt mit den verschiedenen Abteilungen funktioniert. Denn ehrlicherweise läuft die Azubibetreuung in vielen Betrieben leider immer noch nur „nebenher“, ohne wirklichen Fokus und wirkliches Ziel. Jeder Ausbilder und jede Ausbilderin sollte sich darüber bewusst sein, dass sie den Nachwuchs und damit unser aller Zukunft auszubilden.
Vielen Dank, Frau Kühn.